"Und irgendwann bleib I dann dort..."

Segeltoern im tuerkischen Lykien, im Land der 100.000 neckerbemannten Motorsegler, die nie auch nur einen Fetzen Stoff in der Takelage sahen? Im Heimatland von oeger und TUI, im All inklusive-El dorado? Tauch-Segeltoern mit der Moeglichkeit, Mares-Ausruestung auf Herz und Nieren zu pruefen? Eine Tour nach Zypern mit dem besten Tauchfuehrer der Tuerkei? Es klang einfach zu schoen um wahr zu sein. In Wirklichkeit war es noch viel schoener.

Schildermeere kuenden die Naehe touristisch erschlossener GebieteFehlendes Selbstbewusstsein: Der Tuerke fuehlt sich einfach zu nett

Es war eine Lektion in angewandter Lebensphilosophie, gelehrt von den Besitzern der Yacht: Franz, Harry und Erwin. Zwei oesterreicher und ein Niederlaender, vor einem Jahr mit Bootsbauplaenen ins Tuerkische aufgebrochen, ausgestiegen aus dem Trott ihres vorigen Lebens, sich und damit uns dem Traum eines segelnden Tauchschiffs im tuerkischen Mittelmeer zu erfuellen.

Blue Pearl II heisst das Schiff, welches zum Event rief. Noch ungetauft, die Besegelung ueberdies in den Raedern tuerkischer Handwerkskunst, der Werftmeister wegen staendiger Reparaturen an Board, die Tauchgenehmigung fuers Mittelmeer noch in den kafkaesken Behoerden irgendwo zwischen Ankara und Fethiye. Es war spannend, es war mehr Abenteuertrip als Segeltoern und mehr Tauchsafari als erhofft.

Nach zwei Tagen Tauchen in der Umgebung von Fethiye - es ging behoerdenbedingt immer wieder in den Hafen zurueck - war fuer mich klar: Das tuerkische Tauch-El dorado Kasch leidet erstens an einem Publicity-Overflow und an zu vielen Tauchbasen, gleichzeitig braucht sich Fethiye tauchmaessig nicht zu verstecken. Will meinen, mit dem richtigen Tauchfuehrer bietet es traumhafte Unterwasserlandschaften, tiefe Canyons, verzweigte Hoehlensysteme, Wracks, Amphorenfelder und kaum Fische. Fuer letzteres koennen die Mannen von Blue Pearl nichts, das Mittelmeer ist leergebombt und ueberfischt.

Auch wenn Barrakudas, Muraenen und Floetenfische erfreuten, auch wenn Zackenbarsche die groessten ihrer Gattung auffuhren, auch wenn Garnelen, Baerenkrebse und Nachtschnecken um die Felsen stromerten - auf dem Markt gab es definitiv mehr Fisch, wenn letztere auch tot.

Um Fethiye wird getaucht wegen der Touren durch die Felsschluchten unterhalb der Brandung, hier wird getaucht wegen dem schwerelosen Gleiten durch eine urwuechsige, zerklueftete immer wieder mit neuen Blicken ueberraschende Unterwasserlandschaft. Und hier wird getaucht wegen Franz, Harry, Erwin und Turgut, dem tuerkischen Tauchfuehrer.

Nicht getaucht wird dagegen in den versunkenen lykischen Staedten vor Nicolaus Island und Kekova. Hier ist Schnorcheln angesagt, was bei Wassertiefen von bis zu drei Metern voellig ausreicht und das Erlebnis, zwischen Amphoren eine alte Hafenstrasse entlang zu schnorcheln, tief im Gedaechtnis eingraebt.

Ach ja, Fethiye selbst. Wie sieht eine Stadt aus, die Mitte der 50er von einem Erdbeben fast vollstaendig ausradiert wurde? Genau. Aber die alten Kieferwaelder und kleinen Doerfer der Umgebung - ein Traum.

Essen wie bei Mutternmoderne Bootswerft am Rande der Stadt

Was bleibt? Das Erlebnis nicht Tauchgast sondern Freund zu sein, teilzuhaben auch an den bitteren Seiten neuer Lebensentwuerfe, teilzuhaben an den Navy-SEAL Erfahrungen von Turgut, das Wissen, sieben luxurioese Tage auf einem Schiff verbracht zu haben und die Hoffnung wieder auf der Blue Pearl II zu fahren, nach Zypern zu den noch aufregenderen Tauchplaetzen im Mittelmeer.

Fazit:
Die "Blue Pearl" ist ein Traum aus Holz - modern ausgestattet und doch im traditionellen Stil gebaut. Vier Segel (Kluever, Genua, Gross- und Besansegel mit insgesamt 235 Quadratmetern Segelflaeche) sollen das Schiff zukuenftig in Fahrt bringen. Mit rund 90 Euro pro Tag inkl. aller Tauchgaenge sind die Touren auf der Blue Pearl II definitiv nicht ueberteuert. Extrem komfortable Kabinen mit eigenem Bad, WC und Klimaanlagen, UW-Scooter Seadoo, Kajak und Zodiac fuer die tauchfreie Zeit. Genug Platz, dass sich auf dem 30 Meter langem Segler die max. zwoelf Gaeste nur beim Essen ueber den Weg laufen muessen, Steckdosen fuer all die hungrigen UW-Lampen und Kameras und ein Fishfinder fuer das Ausspaehen neuer Wracks und Riffe. Zur Verfuegung stehen weiterhin Mares-Tauchausruestungen und 14 x 12 lt Stahlflaschen mit Doppelventil. Taucherfahrung ist empfehlenswert, denn dann werden spannendere Spots angefahren.

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