Zugreise durch Zeit und Raum

Traege drehen sich die Deckenventilatoren in der Holzklasse. Um der Tageshitze zu entgehen sind dort alle Fenster geoeffnet, schliessen lassen sich sowieso nur die wenigsten. Draussen flimmert das ewige Gruen des Hochlanddschungels vorbei, feuchte Hitze in die Wagen drueckend. Und je hoeher die Sonne steigt, desto traeger werden die Reisenden. 15 Stunden braucht der Zug, um von Tumpat aus dem Nordosten quer durch den Dschungel Westmalaysias in die Hauptstadt Kuala Lumpur zu kommen.

Der Dschungeltrain in WestmalaysiaHolzklasse

Fuer viele Doerfer der Region ist der Zug das einzige Fortbewegungsmittel. Eben noch quaelte er sich durch die engen Schluchten eines Gebirgszuges, ueber alte Brueckenkonstruktionen und entlang der Wildbaeche da oeffnet sich der Wald, gibt den Blick auf kleine Doerfer frei. Kaum zehn Meter links und rechts der Gleise wurden hier dem Dschungel abgetrotzt, schlammige Wege fuehren in die Tiefen des Waldes, irgendwo bei Haeusern endend.

Und ueberall das gleiche Ritual: Verhuellt mit einem kittelaehnlichen Baju Kurung und Kopftuechern quaelen sich aeltere Frauen in und durch den Zug, beladen mit dem ueblichen regionalen TV dinner, Klebreis im Bananenblatt. An einer kleinen Station einsteigen, zweimal durch den Zug, die Waren anpreisen, verkaufen und dann wieder aussteigen. Wahrscheinlich im Gegenzug zurueck das gleiche Prozedere.

Essen als die Hauptsache im Leben der Asiaten macht es so vielen moeglich, von und mit dem Zug zu leben. Denn waehrend der Fahrt werden von den Insassen ununterbrochen Fruechte, Reisbaellchen, gegrillte oder gekochte Fleischstuecke oder sogar Suppen verdrueckt. Und so kann sich der mitreisende Tourist auf der Hunderte von Kilometer langen Strecke durch die wechselnde Kueche der malaiischen Halbinsel kosten.

Raucher treffen sich waehrend der langen Fahrt immer oefter auf den Einstiegstreppen zu den Wagons. Auf den Stufen sitzend wird den vorbeiziehenden Landschaften nachgesonnen. Langsam macht der Dschungel kleinen Feldern Platz: Bananen zwischen oelpalmen, Reisfelder und tief im Sueden erste Teeplantagen.

Auch die Bevoelkerung veraendert ihr Gesicht - und ihre Bekleidung. Waren im streng islamischen Norden traditionell verhuellte Frauen allgegenwaertig, tauchen im Laufe der Fahrt dann Jeans und T-Shirts auf, verwandeln sich die mit Wellblech und Eisenholz errichteten Bahnstationen in grosszuegige Anlagen, die an die koloniale Vergangenheit Malaysias erinnern.

Urwald, Urwald, Urwaldvoellig ausreichend: ein Bahnhof

Und noch eins faellt auf: Malaysia investiert einen nicht unerheblichen Teil seiner oeleinkommen in die Bildung. Geraten kleine Doerfer ins Blickfeld werden diese dominiert von riesigen, in den letzten Jahren fertiggestellten Schulanlagen: ausgestattet mit Satellitenanschluss, Bolzplatz und Moschee.

Der Dschungelzug von Tumpat via Gembas nach Kuala Lumpur ist eine der schoensten Arten, innerhalb eines Tages durch die Geschichte, Landschaft und Kultur Malaysias zu reisen und das hautnah an der Bevoelkerung - solange man sich fuer die Holzklasse der ueberall haltenden Bummelzuege entscheidet.

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